Leitfaden zur Kündigung von Arbeitsverträgen in Spanien

Die Entlassung einer Arbeitskraft ist ein unvermeidlicher und oftmals unangenehmer Aspekt der Führung eines Unternehmens. Sie müssen sich vorsichtig auf dem schmalen Grat zwischen Arbeitsrecht und berechtigtem Grund bewegen. Ein Verstoß in die falsche Richtung kann schwerwiegende rechtliche und finanzielle Probleme zur Folge haben und den Ruf des Unternehmens beschädigen. Wenn Sie bereits in Spanien tätig sind oder beabsichtigen, dort Arbeitskräfte einzustellen, müssen Sie wissen, dass es für Beschäftigte dort erhebliche arbeitsrechtliche Schutzvorschriften gibt, an die Sie sich halten müssen. Die Nichteinhaltung der spanischen Gesetzgebung kann erhebliche Auswirkung auf den Erfolg – oder Misserfolg – Ihres Unternehmens haben. Hier finden Sie einen Überblick über das spanische Arbeitsrecht und was zu beachten ist, wenn Sie eine Kündigung erwägen.

Arbeitsrecht in Spanien

Spanien bietet sowohl inländischen als auch ausländischen Beschäftigten einen weitreichenden rechtlichen Schutz. Die meisten arbeitsrechtlichen Vorschriften sind im Estatuto de los Trabajadores (Beschäftigungsgesetz) und im spanischen Bürgerlichen Gesetzbuch enthalten. Diese regeln:

  • Spanische Rechts- und Verwaltungsvorschriften
  • Tarifverträge
  • Lokale und berufliche Sitten und Gebräuche
  • Intentionen beider Parteien in einem Arbeitsvertrag

Der Beschäftigungsschutz gilt für Erwachsene und Minderjährige in vielen Branchen und verbietet jegliche Art von Diskriminierung aufgrund von ethnischem Hintergrund, Religion, Weltanschauung, sexueller Orientierung oder einer anderen Schutzklasse. Kürzlich erfolgte Ergänzungen der Rechtsvorschriften betreffen den Datenschutz, die Sicherheit am Arbeitsplatz, die Telearbeit, die Arbeitgeberleistungen und die Gleichstellung der Geschlechter.

Arbeitsverträge in Spanien

Arbeitsverträge in Spanien können mündlich oder schriftlich geschlossen werden. Es gibt jedoch einige Arten von Arbeitsverträgen, die schriftlich abgeschlossen werden müssen, z. B. Kurzzeitverträge. Darüber hinaus bietet ein schriftlicher Arbeitsvertrag beim Outsourcen von Beschäftigten aus Spanien einen größeren Schutz für das Unternehmen, da er die Erwartungen und die Arbeitsbeziehung zwischen beiden Parteien regelt. Für die Arbeitgeber muss der spanische Arbeitsvertrag Folgendes klar festlegen:

  • Die beiden den Vertrag abschließenden Parteien
  • Die erwartete Beschäftigungsdauer
  • Anwendbare Tarifverträge
  • Arbeitsort
  • Art der Tätigkeit
  • Gesamtarbeitsstunden
  • Grundgehalt
  • Zusatzzahlungen und -leistungen
  • Kündigungsfristen

Wenn Sie Arbeitskräfte einstellen und diese dann Aufgaben erledigen lassen, die deutlich über oder unter ihrer Gehaltsklasse liegen, haben sie ein Anrecht auf eine Gehalts-, Beförderungs- und Vertragsanpassung. Wenn Sie dem nicht nachkommen, haben die betroffenen Arbeitskräfte ggf. das Recht, den Arbeitsvertrag mit einer Abfindung zu kündigen.

Gründe für eine Kündigung im spanischen Recht

Spanien kennt keine Kündigungen ohne rechtlichen Grund. Sobald ein Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, hat der Arbeitgeber nicht das Recht, Beschäftigte ohne rechtlichen Grund zu entlassen. Es müssen handfeste Gründe für eine Kündigung vorliegen, wie z. B.:

  • Einvernehmliche Trennung
  • Vereinbarte vertragliche Gründe
  • Kündigung durch die Arbeitskraft, Ruhestand, Krankheit oder Tod der Arbeitskraft
  • Auslaufen des Vertrags
  • Massenentlassungen aus betriebsbedingten Gründen
  • Kündigung aus sachlichen Gründen
  • Kündigung aus disziplinarischen Gründen

Von diesen unterschiedlichen Gründen wollen wir die letzten drei näher beleuchten.

Massenentlassungen

Dabei handelt es sich um Entlassungen, bei denen ein Unternehmen gezwungen ist, Gruppen von Beschäftigten oder ganze Abteilungen zu entlassen. Häufig sind Massenentlassungen auf wirtschaftliche und organisatorische Gründe zurückzuführen.  Rechtlich gilt eine Kündigung als Massenentlassung, wenn:

  • Mindestens 10 Beschäftigte in Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten betroffen sind
  • In Unternehmen mit 100 bis 300 Beschäftigten innerhalb von 90 Tagen mindestens 10 % der Beschäftigten betroffen sind, in Unternehmen mit 300 oder mehr Beschäftigten 30 Beschäftigte.

Auch wenn die gesamte Belegschaft entlassen wird, gilt dies als Massenentlassung. Damit eine größere oder eine Massenentlassung gültig ist, muss ein Arbeitgeber nachweisen, dass eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: Wirtschaftliche Gründe: Das Unternehmen verzeichnet wirtschaftliche Verluste oder Einbußen, einschließlich:

  • Anhaltende Einkommens- oder Umsatzverluste in drei aufeinanderfolgenden Quartalen
  • Der Umsatz ist in jedem Quartal niedriger als im Vorjahr

Technische Gründe: Es gibt Veränderungen an den Produktionsanlagen oder -methoden. Organisatorische Gründe: Es gibt Veränderungen bei den Personalverfahren oder internen Systemen. Produktionsbezogene Gründe: Wenn sich die Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen ändert, sodass sich das Unternehmen umstellen muss.

Rechtliches Vorgehen bei Massenentlassungen

Auch wenn ein Unternehmen einen Grund für eine Massenentlassung nachgewiesen hat, muss es wie in Artikel 51 des Beschäftigungsgesetzes beschrieben vorgehen. Das bedeutet:

  1. Der Arbeitgeber muss mit den Arbeitnehmervertretern über einen bestimmten Zeitraum verhandeln und das Ergebnis den Arbeitsbehörden melden.
    • Bei größeren Unternehmen darf dieser Zeitraum nicht mehr als 30 Kalendertage betragen.
    • Für Unternehmen mit 50 oder weniger Beschäftigten darf dieser Zeitraum nicht mehr als 15 Kalendertage betragen.
  2. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmervertretern die Entlassung 7 bis 15 Tage im Voraus ankündigen.
  3. Nach der Ankündigung muss der Arbeitgeber die Beschäftigten einzeln informieren und auf deren Wunsch mit diesen ein Gespräch führen.
  4. Wenn mehr als 50 Beschäftigte entlassen werden, muss das Unternehmen den Beschäftigten ein Outplacement-Programm von mindestens 180 Tagen Dauer anbieten, das ihnen Beratung, Schulungen und Hilfestellung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz bietet.
  5. Abfindungen belaufen sich auf 20 Tagesgehälter für jedes Beschäftigungsjahr, höchstens jedoch 12 Monatsgehälter.
  6. Wenn eine Arbeitskraft älter als 55 Jahre ist, muss eine besondere Vereinbarung mit der Sozialversicherung abgeschlossen werden.

Kündigung von Einzelpersonen aus objektiven Gründen

Bei Einzelkündigungen verfügt der Arbeitgeber über einen gewissen erweiterten Handlungsspielraum, der sich nach den beruflichen Fähigkeiten der Beschäftigten richtet. Häufige Gründe für Einzelkündigungen beinhalten:

  • Mangelnde Leistung oder Eignung der Arbeitskraft
  • Unfähigkeit der Arbeitskraft, sich an einen Stellenwechsel anzupassen (sie muss zunächst geschult werden und eine zweimonatige Übergangsfrist erhalten)
  • Wirtschaftliche, technische, produktionsbezogene oder organisatorische Gründe

Der Arbeitgeber muss mit einer Frist von mindestens 15 Tagen schriftlich kündigen oder das Gehalt für diese Tage zahlen. Die Abfindung entspricht der gleichen Struktur von 20 Tagesgehältern für jedes Beschäftigungsjahr, höchstens jedoch 12 Monatsgehälter, und muss gleichzeitig mit der schriftlichen Kündigung bereitgestellt werden. Es ist jedoch möglich, dass der Fall vor Gericht geht und die Kündigung zurückgenommen werden muss. Da spanische Arbeitsgerichte in der Regel zugunsten der Arbeitskraft entscheiden, kommt eine Einzelkündigung aus sachlichen Gründen nur selten vor.

Kündigung aus disziplinarischen Gründen

Der letzte Grund, aus dem einer Arbeitskraft rechtmäßig gekündigt werden kann – und derjenige, bei dem der Arbeitgeber den größten Spielraum hat –, sind disziplinarische Gründe oder Probleme mit dem Verhalten der Arbeitskraft. Es gibt mehrere Gründe, die für Arbeitgeber einen berechtigten Kündigungsgrund darstellen, unter anderem:

  • Wiederholte Abwesenheit, insbesondere ohne hinreichende Entschuldigung
  • Unbotmäßiges Verhalten oder mangelnde Disziplin seitens einer Arbeitskraft
  • Verbale oder körperliche Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber oder anderen Beschäftigten
  • Verstoß gegen den Arbeitsvertrag
  • Absichtliche Minderleistung
  • Regelmäßiger Drogen- und Alkoholmissbrauch, der die Arbeitsleistung beeinträchtigt
  • Belästigendes Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber oder Kolleg:innen wegen deren Religion, Geschlecht oder einer Behinderung

Damit dies ein hinreichender Grund für eine Kündigung aus disziplinarischen Gründen ist, muss der Arbeitgeber eine schriftliche Kündigung aussprechen, in der die ausschlaggebenden Gründe und das Datum der Wirksamkeit der Kündigung eindeutig angegeben sind. Wenn die gekündigte Arbeitskraft Mitglied einer Gewerkschaft oder des Betriebsrates ist, muss die Gelegenheit für eine Anhörung und ein angemessenes Disziplinarverfahren gegeben werden. Hält der Arbeitgeber dieses Vorgehen nicht ein, kann er innerhalb von 20 Tagen eine formlose Kündigung aussprechen, indem er der gekündigten Arbeitskraft ihr Gehalt bis zum Kündigungsdatum weiter bezahlt.

Abfindungen und Kündigung von Arbeitskräften

Wenn eine Arbeitskraft aus einem der oben genannten Gründe entlassen wird, hat sie dann Anspruch auf eine Abfindung? Bei Kündigungen aus disziplinarischen Gründen lautet die Antwort Nein. Solange die Kündigung schriftlich erfolgt und das Verhalten der Arbeitskraft klar beschrieben wird, haben diese Arbeitskräfte keinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung oder andere Arbeitgeberleistungen. Ein Gericht könnte dies jedoch als ungerechtfertigte Entlassung oder unrechtmäßige Kündigung einstufen und eine nachträgliche Abfindung anordnen. In diesem Fall hätte die Arbeitskraft Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 33 Tagesgehältern pro Beschäftigungsjahr, höchstens jedoch 24 Monatsgehälter. Das wäre deutlich mehr als die üblichen 20 Tagessätze pro Beschäftigungsjahr, die bei einer Kündigung aus sachlichen Gründen auf 12 Monate begrenzt sind. Schließlich gibt es auch Aufhebungsvereinbarungen, bei denen beide Parteien die Beendigung des Vertrags einvernehmlich beschließen. In diesem Fall hängt die Abfindung von der Vereinbarung ab; sie ist aber in der Regel steuer- und sozialabgabenpflichtig.

Fachkundige Beratung zum spanischen Arbeitsrecht

Unabhängig von der Branche kann die Kündigung einer Arbeitskraft, selbst wenn sie gerechtfertigt ist, schwierig sein, vor allem wenn Sie mit den Feinheiten des spanischen Arbeitsrechts nicht vertraut sind. Wenn Sie erwägen, nach Spanien zu expandieren und einheimische Arbeitskräfte einzustellen, kann Sie ein Employment Partner wie ein global tätiger Employer of Record fachkundig beraten, damit Sie alle spanischen Arbeitsgesetze einhalten können. Erfahren Sie noch heute mehr über einen Employer of Record in Spanien.